Ein Traum geht in Erfüllung: Nach fast zwanzig Jahren doch noch Solarthermie
Schon beim Bau des Hauses hatten die Kucharziks aus Alfeld (Leine) daran gedacht, Solarthermie zu nutzen. Damals mussten sie die Pläne aus finanziellen Gründen auf Eis legen – jetzt konnten sie sie im Rahmen des Praxistests Solarthermie endlich umsetzen. Anfang August wurden bei ihnen eine Solarthermieanlage für Warmwasser und ein neuer Gas-Heizkessel installiert.
ModernisierungsCheck: Solaranlage prüfen
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Einfamilienhaus Wohnfläche: 185 m2 | Baujahr 1997 2 Erwachsene, 2 Kinder | |
Solarthermie / Kollektoren | 2 Brötje Flachkollektoren SolarPlan FK 26 W | Fläche: 5,2 m2 Baujahr: 2016 |
Trinkwassererwärmung | ja | |
Heizungsunterstützung | nein | |
Speicher | Brötje Solar-Schichtenspeicher | Größe: 160 Liter |
Heizkesseltausch | ja | |
Heizkessel | Gas-Brennwertgerät Brötje EcoSolar Kompakt BMR | Leistung: 2,4–20/24 kW, modulierend |
Monitoring | 2 Allmess Wärmemengenzähler für Heizen und Solar Allmess Kaltwasserzähler | Energiesparkonto |
Alfeld (Leine), Niedersachsen. August 2016. Zwei neue Dachziegel soll sie noch besorgen, mit Solardurchgang. Kein Problem, denkt Anja Kucharzik, fährt in den Baumarkt und kauft die Steine. Doch so einfach ist es nicht. Als wenig später die Solaranlage installiert wird, stellt sich heraus, dass die Ziegel nicht passen. „Ich hatte das Nachfolgemodell der Steine gekauft, mit denen unser Dach gedeckt ist“, erzählt die 49-jährige Architektin. „Und egal wo ich anschließend nachgefragt habe – unser Modell gab es gar nicht mehr zu kaufen. Also haben am Ende die Handwerker die beiden Steine mit Hammer und Meißel passend geklopft.“
Die Sache mit den Dachziegeln ist allerdings auch alles, was bei der Installation der Solarthermieanlage von Familie Kucharzik in Alfeld (Leine) in Niedersachsen problematisch ist. Der Rest ist für Anja Kucharzik, ihren Mann Wolfgang Nüßler (61) und die Kinder Jonah (19) und Lilly (14) vor allem eins: ein langgehegter Traum, der in Erfüllung geht. „Wir hatten uns Solarthermie ja schon gewünscht, als wir 1997 unser Haus gebaut haben“, erinnert sich Anja Kucharzik. Die Energie der Sonne nutzen, den eigenen CO2-Fußabdruck verkleinern. „Ökologie und Umweltschutz waren schon immer wichtig für uns. Wir haben zum Beispiel einen großen Regenwassertank im Garten, dessen Wasser wir zum Gießen im Garten nutzen. Aber für die Solarkollektoren hat uns damals einfach das Geld gefehlt.“
Vom defekten Heizkessel zum Praxistest Solarthermie
Dass die Solarthermie jetzt doch noch aufs Dach kommt, liegt vor allem am alten Heizkessel – und etwas Glück. „Im vergangenen Winter ging dauernd etwas an dem Kessel kaputt. Erst ein Thermostat, dann der Außenfühler. Irgendwann war der Installateur gefühlt zum fünften Mal da, und wir dachten: Vielleicht brauchen wir tatsächlich eine neue Heizung.“ Als sich Anja Kucharzik über neue Brennwertkessel informiert, stößt sie auf den Praxistest Solarthermie von co2online. Und tatsächlich: Die Kucharziks werden als einer von sechs Haushalten für eine Installation ausgewählt.
Heizung unterm Dach statt im Keller
Im April besucht ein Energieberater das Haus der Familie. Im August werden ein neuer Heizkessel und die Solaranlage für Warmwasser installiert, die Brötje zur Verfügung gestellt hat. Über zwei Leitern bugsieren vier Handwerker die beiden rund 40 Kilogramm schweren SolarPlan-Flachkollektoren aufs Dach. „Das war sicher keine einfache Angelegenheit, aber zumindest hatten die Monteure genügend Platz“, sagt Anja Kucharzik und lacht. „In unserem Heizungsraum war das etwas anders. Der ist nur etwa vier Quadratmeter groß und hat auch noch eine Dachschräge.“ In dem kleinen Raum werden ein Gas-Brennwertgerät Brötje EcoSolar Kompakt BMR mit einer modulierenden Leistung von 2,4 bis 20 Kilowattstunden, ein 160 Liter großer Solar-Schichtenspeicher, drei Ausdehnungsgefäße und zwei Wärmezähler von Allmess installiert.
„Der Heizungsraum war bei uns schon immer im Dachgeschoss, weil wir dort noch Platz hatten. Wenn wir gewusst hätten, wie groß eine Solarthermieanlage ist, hätten wir das vielleicht schon beim Hausbau anders geplant. Wobei: Am Ende hat ja alles genau gepasst.“ Zudem hat es einige Vorteile, dass die Anlage im Dachgeschoss steht, wo auch Schlafzimmer und Bad untergebracht sind. Zum Beispiel ist der Weg zwischen dem Solarspeicher und den Kollektoren auf dem Dach nicht weit – sodass die Solarleitung einfach zu verlegen ist. Und: Anja Kucharzik läuft jeden Tag an der Anlage vorbei – und kann einen prüfenden Blick darauf werfen. „Es ist ein schönes Gefühl, dass alles neu ist und funktioniert, und wir unser warmes Wasser von der Sonne bekommen. Ich bin wirklich gespannt, wie viel Heizenergie wir am Ende mit der neuen Anlage sparen.“
Auswertung für 2017: Monitoring deckt Fehler auf
Seit Mai 2017 läuft die Solarthermieanlage von Praxistesterin Anja Kucharzik ohne Probleme. Zuvor hatte es mehrere Monate lang eine Fehlfunktion der Solarpumpe gegeben. Das Monitoring hatte einen steigenden Heizenergieverbrauch gezeigt; außerdem lieferte der Zähler für den Solarertrag keine Werte. Anfangs kamen für das Praxistest-Team zwei mögliche Ursachen in Betracht. Es könnte einen Fehler bei der Installation der Messtechnik fürs Monitoring geben. Oder die Kucharziks könnten ihren Kaminofen seltener nutzen als bisher – und deshalb mehr Gas verbrauchen. Diese Vermutungen trafen jedoch nicht zu. Als die Anlage vor Ort geprüft wurde, entdeckte ein Monteur ein Problem mit der Solarpumpe. Seitdem der Fehler behoben ist, liefert die Anlage gute Erträge.
Entsprechend liegen der folgenden Auswertung Messdaten von Mai bis Ende Dezember 2017 zugrunde. Die Daten wurden auf das gesamte Jahr 2017 hochgerechnet. Sie zeigen, dass die Solarthermieanlage für Warmwasser von Praxistest-Familie Kucharzik zwar gut läuft, aber trotzdem wenig Energie einspart. Mit der neuen Anlage ist der jährliche Gasverbrauch der Familie um 11 Prozent gesunken: von etwa 17.100 Kilowattstunden (kWh) auf rund 15.300 kWh.
Monitoring-Ergebnisse für 2017 (hochgerechnet) | ||
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solarer Ertrag | ca. 1.400 kWh | |
Heizenergieverbrauch (Heizwert) | vorher: ca. 17.100 kWh | nachher: ca. 15.300 kWh |
Einsparung | Heizenergie: ca. 11 % | Kosten: ca. 100 € |
CO2-Minderung | ca. 450 kg |
Die solaren Erträge der Flachkollektoren der Kucharziks lagen 2017 etwas unter dem Durchschnitt. Pro Quadratmeter Kollektorfläche lag der Ertrag hochgerechnet bei etwa 270 kWh. Insgesamt ergibt das einen solaren Jahresertrag von 1.400 kWh. Vermutlich könnten die Kollektoren höhere Erträge liefern – aber dafür ist der Speicher mit seinen 200 Litern Fassungsvermögen zu klein. Schließlich können die Kollektoren nur dann neue Energie sammeln, wenn im Speicher genug Platz ist, um diese aufzunehmen. Ein größerer Speicher konnte nicht eingebaut werden, da die Anlage in einem sehr kleinen Raum installiert wurde.
Hinzu kommt, dass vergleichsweise wenig Warmwasser aus dem Speicher entnommen wird, weil das Warmwasser der Anlage aus baulichen Gründen derzeit nicht in der Küche genutzt werden kann. Auch Waschmaschine und Spülmaschine sind nicht ans Warmwasser angeschlossen.
Die ungünstige Kombination aus kleinem Speicher und geringer Abnahme des Warmwassers macht sich entsprechend bei den jährlichen Einsparungen und der Wirtschaftlichkeit bemerkbar. Hier schneidet die Anlage nicht gut ab. Pro Jahr spart die Familie jetzt etwa 100 Euro Heizkosten. Selbst bei steigenden Energiepreise wird sich die Anlage so finanziell nicht rechnen: nach 25 Jahren Laufzeit bleibt ein Minus von 3.000 Euro. Dies ist allerdings nur theoretisch, da die Anlage den Kucharziks im Rahmen des Praxistests kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
Immerhin bleibt ein positiver Effekt für das Klima: Durch die neue Heizung mit Solarthermie entstehen pro Jahr etwa 450 Kilogramm weniger klimaschädliches CO2 als mit der alten Heizung.
Wirtschaftlichkeit nach 25 Jahren | |||
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Anlage Familie Kucharzik | Szenario 1 | Szenario 2 | |
Investitionskosten | ca. 11.500 € | ||
Förderung BAFA | 2.500 € | ||
jährliche Energieeinsparung (Brennwert) | 1.900 kWh | ||
Erdgaspreis | 4,9 ct/kWh | ||
jährliche Energiepreissteigerung | 0 % | 7 % | |
Einsparung in 25 Jahren | 2.400 € | 6.000 € | |
Finanzierungsrahmen (Einsparung plus Förderung) | 4.900 € | 8.500 € | |
Gewinn/Verlust nach 25 Jahren | - 6.600 € | - 3.000 € |
Solarwärme-Check: Anlage kann optimiert werden
Im Juni 2017 hatte die Verbraucherzentrale Energieberatung einen Solarwärme-Check bei Familie Kucharzik durchgeführt. Der Check zeigte viele Möglichkeiten, die Solarthermieanlage zu optimieren. Folgende Vorschläge wurden von der Verbraucherzentrale gemacht:
- Armaturen und Solarpumpe vollständig dämmen
- Zirkulationsbremse einbauen
- Ausschaltdifferenz der Solarkreispumpe verkleinern, damit die Pumpe auch bei geringen Temperaturunterschieden noch arbeitet und mehr Wärme genutzt werden kann
- maximale Speichertemperatur erhöhen, damit die anfallende Solarenergie noch besser genutzt werden kann
- Volumenstrom der Anlage anpassen
- Reinigung des etwas verschmutzten Kollektors
- Kollektor-Rohrkreises erden
- Temperaturfühler und Fühlerleitungen gegen Kleintierverbiss schützen
- ein größeres Auffanggefäß einbauen lassen
Anja Kucharzik hatte zwei Termine mit ihrem Heizungsbauer vereinbart, die aufgrund von Krankheit ausgefallen sind. Deshalb ist noch keiner der Vorschäge umgesetzt. Nun will die Praxistesterin einen neuen Termin machen, um die Hinweise der Verbraucherzentrale gemeinsam mit ihrem Handwerker zu besprechen. Dabei möchte sie zum Beispiel auch klären, wie das Warmwasser der Anlage in der Küche genutzt werden kann und ob sich Spül- und Waschmaschine ans warme Wasser anschließen lassen.
Anlage Familie Kucharzik | Messung 2017* |
---|---|
Erdgasverbrauch (Heizwert) | 15.291 kWh |
Solarertrag brutto/netto | 1.400 kWh |
Summe Input | 16.691 kWh |
Verbrauch Heizkreis und Warmwasser | 14.084 kWh |
solare Deckungsrate gesamt | 8 % |
solare Deckungsrate Warmwasser | 46 % |
* Die Solarthermieanlage von Familie Kucharzik funktioniert erst seit dem 22. Mai 2017 korrekt; seitdem werden auch Solarerträge erfasst. Entsprechend wurden die Daten für die Auswertung auf das ganze Jahr 2017 hochgerechnet.
Planen, installieren, kontrollieren – Erfahrungsberichte von Anja Kucharzik
Das sagt Praxistesterin Anja Kucharzik zu den Themen...
... Solarthermie installieren
... Monitoring und Alltagsfragen
Solarthermie installieren
Dachziegel mit Solardurchgang nicht mehr lieferbar
„Ich hatte vor der Installation zwei Dachsteine mit Solardurchgang besorgt. Leider stellte sich heraus, dass diese Ziegel das Nachfolgemodell unserer Steine waren. Egal wo ich anschließend nachgefragt habe – unser Modell gab es gar nicht mehr zu kaufen. Also haben am Ende die Handwerker die beiden Steine mit Hammer und Meißel passend geklopft. Daran sollte man vor der Installation denken: Dass man 17 oder 18 Jahre, nachdem man sein Haus gebaut hat, seine alten Dachziegel nicht mehr bekommt – schon gar nicht mit Solardurchgang.“
Monteur stellt Regelung ein
„Bei der Einweisung ging es darum, welche Vor- und Rücklauftemperatur eingestellt wird. Außerdem hat uns der Monteur nach den Zeiten für die Nachtabsenkung gefragt und diese dann eingestellt. Er meinte, wir müssten erstmal testen, wie wir damit zurechtkommen. Wenn nicht, würde er nochmal vorbeikommen, um die Einstellungen zu ändern. Außerdem hat er erklärt, was bei verschiedenen Störungen passieren kann.“
Monitoring und Alltagsfragen
Fehlfunktion durch Monitoring entdeckt
„Unser Monitoring zeigte, dass wir nach dem Einbau der Solarthermieanlage einen höheren Gasverbrauch hatten als vorher. Aber gerade im Winter weiß man ja nicht auf den ersten Blick, woran das liegt. Es könnte ja auch sein, dass es einfach kälter ist als im Vorjahr. Jedenfalls war mehrmals ein Monteur zur Nachkontrolle der Anlage da. Und schließlich wurde festgestellt, dass etwas mit der Solarpumpe nicht stimmte; bis zum dem Zeitpunkt hatte die Solaranlage noch keinen Liter warmes Wasser an den Speicher geliefert. Das ist natürlich ärgerlich. Aber umso besser, dass wir den Fehler durch unser Monitoring bemerkt haben.“
Geringe Mehrkosten für Solarthermie-Versicherung
„Wir haben unsere Solarthermieanlage versichert. Dafür haben wir unsere bestehende Gebäudeversicherung aufgestockt – das sind rund 30 Euro Mehrkosten im Jahr.“
Autor: Marcus Weber